Gravitationswellenobservatorien im live webcast: 3. – 4. April 2009

AIGO, GEO600, LIGO, TAMA und Virgo beteiligen sich an „Around the World in 80 Telescopes“ der ESO

30. März 2009

"Around the World in 80 Telescopes" ist ein 24 Stunden Webcast, der als Teil des Projektes “100 Stunden Astronomie“ im Rahmen des Internationalen Jahrs der Astronomie 2009 von der Europäischen Südsternwarte (ESO) organisiert wird. Während dieser Sendung werden rund um die Uhr einige der modernsten astronomischen Observatorien der Welt besucht – darunter auch das weltweite Netzwerk der Gravitationswellenobservatorien einschließlich AIGO, dem australischen Prototypen eines Gravitationswellendetektors. Mit diesen riesigen Laserinterferometern lauschen Wissenschaftler im einzigartigen Spektrum der Gravitationswellen ins Universum und werden so erstmals bisher unbekannte und unerreichbare Regionen beobachten können. Mit der Messung von Gravitationswellen – winzigen Verzerrungen der Raumzeit – werden wir ganz neue Informationen über Schwarze Löcher, Neutronensterne und den Urknall erhalten.

Während des Webcasts werden Wissenschaftler direkt vor Ort erklären, wie sie dem Universum lauschen. Sie werden auch die außerordentlich fortschrittliche Technologie erläutern, die sie entwickelt haben, um die winzigen Gravitationswellensignale messen zu können: kilometerlange Vakuumröhren, hochenergetische Laser, aufgehängte Spiegel, absorptionsfreie Optiken, Laserstabilisierung, Rauschunterdrückung und vieles mehr.

Stationen auf der Tour durch die Gravitationswellenobservatorien und weitere Informationen:

GEO600: 3. April 12:20 UT, Deutsch-Britisches Projekt nahe Hannover.
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Virgo: 3. April, 16:20 UT, Niederländisch-Französisch-Italienisches Projekt nahe Pisa in Italien.
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LIGO: 3. April, 20:00 UT, US-Amerikanisches Projekt in Hanford/Washington und Livington/Luisiana.
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AIGO: 4. April 01:20 UT, Australisches Projekt in Gingin.
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TAMA: 4. April, 06:00 UT, Japanisches Projekt in Tokyo.
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Hintergrundinformationen

Entstehung und Nachweis von Gravitationswellen

Gravitationswellen sind Änderungen in der Struktur der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Sie wurden 1916 von Albert Einstein im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorausgesagt. Unter den vielen stets mit Glanz bestandenen Tests der Allgemeinen Relativitätstheorie ist es besonders diese Voraussage, die noch der Bestätigung durch einen direkten Nachweis harrt. Der Grund liegt in der Schwäche der Wechselwirkung zwischen Gravitation und Materie.

Bisher gibt es nur einen indirekten Beweis für die Existenz von Gravitationswellen. Die Astronomen Hulse und Taylor studierten über 25 Jahre Veränderungen in den Bahndaten des Binärpulsars PSR1913+16. Die Abnahme der Bahnperiode dieses Doppelsternsystems lässt sich als durch die Abstrahlung von Gravitationswellen bedingten Energieverlust deuten. Die Beobachtungen stimmen mit den Voraussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie bestens überein. Dafür bekamen Hulse und Taylor 1993 den Nobelpreis für Physik.

Gravitationswellen werden von beschleunigten Massen erzeugt. Die dabei auftretenden Änderungen des Gravitationsfeldes können sich nur mit endlicher Geschwindigkeit ausbreiten. Das führt zwangsläufig zu einer als Welle fortschreitenden Erscheinung. Sie äußert sich in einer Verformung der Raumzeit, d.h. in einer periodischen Abstandsänderung zwischen benachbarten Probemassen. Der experimentelle Nachweis von Gravitationswellen besteht daher "nur" in einer einfachen Längenmessung. Wegen der Starrheit der Raumzeit sind die dadurch erzeugten Strukturänderungen aber nur sehr klein. Beobachtbare Gravitationswellen werden nur von kompakten kosmischen Objekten und Vorgängen mit großen Beschleunigungen erzeugt. Typische Quellen sind daher Sternexplosionen (Supernovae), superschwere Schwarze Löcher oder schnell umeinander kreisende Neutronensterne. Selbst wenn diese Quellen in der Milchstraße oder einer Nachbargalaxis liegen, rufen sie auf der Erde nur relative Längenänderungen von bestenfalls 10-18 hervor, typischerweise sogar nur 10-21 (also 0.000000000000000000001!), d.h. eine Strecke von 1 km Länge ändert sich nur um ein Tausendstel eines Protonendurchmessers. Dies verdeutlicht die Herausforderung, die ein direkter Gravitationswellennachweis darstellt.

GEO600

genießt aufgrund seiner innovativen und zuverlässigen Technologien weltweit einen exzellenten Ruf und gilt als „Think Tank“ für die internationale Gravitationswellenforschung. Hier wurden beispielsweise die modernsten Laser der Welt entwickelt, die heute in allen Gravitationswellen-observatorien weltweit eingesetzt werden. Mit der Technik des 'gequetschten Vakuums' gehen die GEO600-Wissenschaftler noch einen Schritt weiter. Diese Technologie ist für die dritte Generation der Gravitationswellendetektoren vorgesehen. GEO600 ist ein gemeinsames Projekt von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein- Institut, kurz AEI), der Leibniz Universität Hannover, der Cardiff University, der University of Glasgow und der University of Birmingham.

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