Pionier der Rechenmaschinen und Gravitationswellenastronomie: Heinz Billing zum 100. Geburtstag

Das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) gratuliert Heinz Billing

7. April 2014

Das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) gratuliert Heinz Billing zu seinem 100. Geburtstag am 7. April 2014. Billing muss nicht nur als deutscher Computerpionier in einem Atemzug mit Konrad Zuse genannt werden, er hat sich seit Anfang der 1970er-Jahre auch intensiv mit der Erforschung der Gravitationswellen befasst. Ohne seine Arbeit wären Projekte wie GEO600, der britisch-deutsche Gravitationswellendetektor bei Hannover, und das US-amerikanische LIGO (Laser-Interferometer Gravitationswellen-Observatorium) nicht möglich gewesen.

1914 wurde Billing als Sohn eines Lehrers und späteren Schulrektors geboren. Nach dem Abitur studierte er Mathematik und Physik in Göttingen und München und wurde bereits mit 24 Jahren zum Doktor der Physik promoviert. Er arbeitete bei der Aerodynamischen Versuchsanstalt (AVA) in Göttingen und nach dem Krieg bei deren Nachfolgeinstitution, dem Institut für Instrumentenkunde in der Max-Planck-Gesellschaft. 1947 gehörte Billing neben Konrad Zuse zur deutschen Delegation, die sich am National Physical Laboratory in Teddington mit britischen Computerfachleuten und anderen Wissenschaftlern austauschen, darunter der Informatik-Theoretiker Alan Turing.

Bei dieser Gelegenheit lernte Billing zwar das Binärsystem (Nullen und Einsen) kennen, die Briten verschwiegen jedoch ihre Speichertechnologie. Daraufhin erfand Billing den Magnettrommelspeicher, für den er 1987 den ersten Konrad-Zuse-Preis überhaupt erhielt. Der Physiker Werner Heisenberg holte Billing 1950 ans Max-Planck-Institut für Physik, ebenfalls in Göttingen. Dort entwickelte er den ersten deutschen Elektronenrechner G1, der für astronomische Berechnungen eingesetzt wurde. In der Folge entstanden die Nachfolgemodelle G2 und G3, ebenfalls für die Astrophysik, bevor IBM-Computer aus den USA die Eigenproduktionen ablösten.

Heinz Billing und die Gravitationswellendetektoren

Zur Gravitationsphysik kam Billing, als er Anfang der 1970er-Jahre versuchte, die Messungen von Gravitationswellen zu reproduzieren, wie sie der amerikanische Physiker Joseph Weber behauptete. Billing und sein Team wiederholten die Messung mit maßgetreuen Nachbauten und führten zusammen mit einem gleichartigen Zylinder-Projekt in Frascati die längste und damals empfindlichste Koinzidenzmessung durch. Webers Messungen wurden dabei eindeutig widerlegt. 1975 griff Billing den Vorschlag von Rai Weiss vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) auf, Laser-Interferometer für die Messung von Gravitationswellen einzusetzen. Ab 1980 ließ Billing in Garching bei München ein solches Gerät mit einer Armlänge von 30 Metern bauen. Ohne diesen Prototypen und die daran gewonnenen Erkenntnisse wäre das Projekt LIGO zur damaligen Zeit sicher noch nicht entstanden, bestätigte Rai Weiss 2013.

Billings Emeritierung im Jahr 1982 war nicht das Ende seines Einflusses auf die Arbeit an den Gravitationswellen. Denn insbesondere die erfolgreichen, unter ihm gestarteten Experimente, und die in den frühen 1980er-Jahren erreichten Empfindlichkeiten führten zum ersten Vorschlag für den Bau eines deutschen Gravitationswellen-Detektors mit einer Armlänge von drei Kilometern. Mitte der 1990er-Jahre begann schließlich der Bau von Gravitationswellendetektoren in Deutschland (GEO600), den USA (LIGO), Italien (Virgo) und Japan (TAMA). Die deutsch-britische GEO-Kollaboration ist mittlerweile weltführend in der Entwicklung neuer Detektortechnologie. Beispielsweise gehören die für GEO600 entwickelten Laser-Systeme zu den Kernkomponenten der nächsten Generation der US-amerikanischen LIGO-Detektoren.

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